Dyskalkulie

Dyskalkulie ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit und somit der öffentlichen Diskussion geraten. Lehrer und Eltern wissen leider immer noch nicht ausreichend darüber Bescheid, was sich hinter diesem Begriff verbirgt und wie mit dieser Störung umgegangen werden muss. Hier heißt es: "Diese Störung bezeichnet eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden".Kindern, die eine Rechenstörung haben, gelingt es nicht, die arithmetischen Grundlagen, die für das erfolgreiche Weiterlernen im Fach Mathematik notwendig sind, zu erwerben. Sie haben die Mathematik von Schulbeginn an grundsätzlich missverstanden. Ein Scheitern im Grundschulbereich ist vorprogrammiert, denn die Mathematik baut streng hierarchisch aufeinander auf. Wer die ersten Schritte nicht verstanden hat, wird die weiteren – darauf aufbauenden – nicht gehen können. (WHO Ziffer F81.2)

Definition

Dyskalkulie ist die wissenschaftliche Bezeichnung für eine Rechenstörung. Sie drückt sich aus durch Schwierigkeiten im Erfassen rechnerischer Sachverhalte, sowie durch Probleme im Umgang mit Zahlen und bei den einzelnen Rechentechniken, die nicht allein auf eine verminderte allgemeine Intelligenz oder eine unangemessene Beschulung zurückzuführen sind. Tatsächlich sind zwischen zehn bis fünfzehn Prozent der Kinder betroffen, wobei die Anzeichen für eine Dyskalkulie zumeist erst in der dritten oder vierten Grundschulklasse erkannt werden und oftmals aus Unkenntnis überhaupt nicht. Es gibt nicht die konkreten Anzeichen für eine Rechenstörung, stattdessen können die Ausprägungen ganz unterschiedlicher und vielfältiger Art sein. Mögliche Anzeichen können beispielsweise das Vertauschen ähnlicher oder ähnlich klingender Zahlen sein. Ein fehlendes Zeitgefühl und das Vertauschen häufiger Rechenoperationen, das gleichermaßen auch für das Rückwärtszählen gilt, das dem Kind nicht oder nur mit Hilfsmitteln gelingt, können Hinweise auf diese Störung sein. Ein wesentliches und häufiges Anzeichen ist auch, dass ein Kind trotz längeren und dauerhaften Übens nur wenig oder gar keine Verbesserung hinsichtlich seiner rechnerischen Fähigkeiten erkennen lässt.

Möglichen Anzeichen

Es gibt verschiedene Anzeichen, die auf eine Dyskalkulie hindeuten.

Wenn Sie bei Ihrem Kind eines oder auch mehrere Symptome beobachten, beispielsweise beim Rechnen das regelmäßige Abzählen an Fingern oder Probleme bei der Mengenerfassung, sollten Sie sich zur Klärung einer fachmännischen Beratung anvertrauen.

Die nachfolgende Auflistung möglicher Symptome ist eine erste Orientierungshilfe.

Eine Dyskalkulie kann diese Störungen aufweisen:

  • Ihr Kind benötigt beim Rechnen Hilfsmittel wie das Abzählen an Fingern, was gleichermaßen für das Rückwärtszählen gilt.
  • Ihr Kind vertauscht Rechenoperationen wie Plus mit Minus oder Multiplizieren mit Dividieren.
  • Ihrem Kind fehlt ein Gefühl für die Zeit und es hat Probleme die Uhrzeit von einer Uhr abzulesen.
  • Verschiedene Größen, Formen und die Mengenerfassung können von Ihrem Kind nicht realisiert werden.
  • Ihr Kind bevorzugt auch bei einfachen Kopfrechenaufgaben die Schriftform, was auch daran liegt, dass es beim Kopfrechnen die Zwischenergebnisse nicht speichern kann.
  • Ihrem Kind fällt es schwer oder gelingt es nicht in Textform verfasste Denksportaufgaben zur Lösung in Rechenaufgaben umzuwandeln.
  • Hat Ihr Kind eine Rechenaufgabe gelöst, beispielsweise 4+2, muss es die nachfolgende Rechenaufgabe 4+3 neu berechnen, ohne die Lösung von der ersten Aufgabe ableiten zu können.
  • Rechenaufgaben wie "6+2" löst Ihr Kind, indem es zählend rechnet "6+1+1", was durch Abzählen an Fingern geschieht.
  • Ihr Kind vertauscht Zahlen die ähnlich aussehen, beispielsweise 3, 6 und 9, und solche, die ähnlich klingen, beispielsweise 18 und 80 oder 17 und 70.
  • Ihr Kind schreibt Zahlen in Sprechrichtung auf, beispielweise 73 als 37.
  • Ihr Kind hat nicht nur Schwierigkeiten bei der Mengenerfassung an, sondern auch beim Zählen von Geldbeträgen. So erkennt es nicht denselben Wert, wenn 1 Euro als eine Münze oder als 5x20 Cent oder 10x10 Cent auf dem Tisch liegen.

Was sind die Ursachen einer Dyskalkulie?

Eine Dyskalkulie ist durch viele verschiedene Einflussfaktoren bedingt, die bei jedem Betroffenen anders gelagert sind.

Ein einheitliches Modell für alle an einer Rechenstörung leidenden Kinder gibt es indes nicht. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Erklärungsansätzen, von denen hier die wichtigsten erklärt werden, die jedoch nur einen richtigen Schluss angesichts etwaiger Schuldzuweisungen zulassen:

Einen einzigen Grund für eine Dyskalkulie gibt es nicht und niemand ist schuld!

Es gibt einen genetischen Ansatz, der besagt, dass die Dyskalkulie erblich bedingt sein kann. Erblich bedingt deshalb, weil nach Erkenntnissen im Bereich der Säuglingsforschung nachgewiesen wurde, dass mathematische Kompetenzen bereits angeboren sind

Der entwicklungspsychologische Ansatz folgt der Entwicklungspsychologie von Piaget, der den Aufbau und die Verinnerlichung von Zahlen, Mengen und mathematischen Handlungen in vier Phasen einteilt. Jede Phase muss bewältigt und begriffen werden, da eine Phase auf der anderen aufbaut. Ist eine Phase gestört kann die darauffolgende nicht erreicht werden. Das bedeutet in Bezug auf die Dyskalkulie, dass nach diesem Erklärungsansatz die Ursache für eine Rechenstörung in einer nicht bewältigten frühen Phase liegen könnte.

Eine Rechenstörung steht zumeist in einem sehr engen Zusammenhang mit der Wahrnehmung und der sensorischen Integration, dem Begreifen. Das Begreifen geschieht über die Wahrnehmung, beispielsweise über die Verknüpfung von Sehen, Hören und Fühlen. Ist die Wahrnehmung gestört, kann das an der mangelnden Fähigkeit liegen Reize auszuwählen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden sowie Sinneseindrücke einzuordnen und sie mit Erfahrungswerten zu verknüpfen und sie an das zentrale Nervensystem zu übermitteln.

Ein Mangel an Alltags-, Bewegungs- und Spielerfahrung und damit für die Sensorik elementar wichtige Grunderfahrungen, häufig bedingt durch einen hohen Fernsehkonsum oder Computerspiele, können eine Dyskalkulie ebenfalls begünstigen.

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